{geschrieben} Freundschaft

Im letzten Jahr gab es bei Andrea von ‘jolijou‘ und Bine von ‘was eigenes’ die short stories. Jeden Monat wurde ein Begriff vorgegeben, zu dem man dann eine eigene short story schreiben konnte. Bine wollte damit das geschriebene Wort wieder zurück auf den Blog holen und dazu anregen, sich wieder mehr über Text als über Bilder auszudrücken.
Ich fand diese Idee super und habe auch ein paar Mal mitgemacht. Hier die Links zu meinen short stories: I love to blog, Entschleunigung, Fernweh und Musik meines Lebens. Ich schreibe sehr gerne Texte, tu mich aber schwer, einfach drauf los zu schreiben. Die Vorgabe eines Themas hat mich dann aber einfach anfangen lassen. :) Auch 2015 wird das Projekt in ähnlicher Form unter dem Namen Schreibzeit fortgeführt. Ich bin gespannt, welche Themen-Schlagworte Bine sich diesmal ausgedacht hat! Bis es wieder richtig losgeht, möchte ich heute über ein Thema schreiben, dass mir aus persönlichem Anlass sehr am Herzen liegt: Freundschaft.

Letztens traf ich B. wieder. Ganz unerwartet auf einer Feier. Nach zwei oder drei Jahren fast ohne Kontakt. Ein Blick freudiger Überraschung. Eine Umarmung. Und ein unvergesslicher Abend! Und jedes Mal, wenn wir uns sehen, ist es, als würde die Zeit zurückgedreht. Als hätten wir uns gestern das letzte Mal gesehen. Manchmal fühlen wir uns dann auch wieder wie sechs-, zwölf- oder siebzehnjährige. Schwelgen in Erinnerungen und holen alte Insiderwitze wieder raus.

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Bis heute habe ich zu einer Handvoll Menschen Kontakt, mit denen ich die Grundschule besucht habe. Wir kennen uns also seit 19 Jahren, dass ist mehr als drei Viertel unseres Lebens. Wir sehen uns mittlerweile nicht mehr so häufig, vielleicht zwei oder drei Mal im Jahr. Manchmal hören wir auch monatelang gar nichts von einander. Aber es gibt keinen Grund, uns nicht mehr als Freunde zu bezeichnen. Ich kann ihnen zu hundert Prozent vertrauen. Ich weiß, dass ich sie immer für mich da sind, wenn ich sie brauche. Dass ich sie zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen kann, wenn irgendetwas passiert ist.

Freunde bedeuteten mir schon immer sehr viel. Ich hätte es als Kind sicher nie für möglich gehalten, dass gute Freunde irgendwann nur noch flüchtige Bekannte sind, die man beim Einkaufen trifft oder auf der Straße grüßt. Und doch passiert es. Menschen sind Lebensabschnittsgefährten. Manche Lebensabschnitte dauern fast das ganze Leben. Manche nur ein paar Monate. Und doch bereichern all diese Menschen mich. Egal, wie lange sie mich begleitet haben oder es noch tun werden.

Wenn ich mal wieder eine ganz besondere Schulter zum Ausweinen brauche, rufe ich T. an. So grundverschieden wir sind, so gut tut er mir auch. Unsere Freundschaft ist locker und doch irgendwie intensiv. Vielleicht ist das gerade das Geheimnis. T. und ich kennen uns jetzt seit ziemlich genau zwei Jahren. Letzte Woche haben wir zum letzten Mal telefoniert. Keine Ahnung, wann wir uns das nächste Mal sehen. Keine Ahnung, wie lange wir noch in Kontakt bleiben. Ich weiß nicht mal mehr, wann, wo und aus welchem Grund ich mich ihm das erste Mal anvertraut habe. Ich freue mich gerade einfach nur, dass es ihn gibt.

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In einer Depri-Phase während des Studiums dachte ich, irgendwann sei man zu alt um neue Freunde zu finden. Und überhaupt: Ich habe doch Freunde! Freunde, die mich seit Ewigkeiten kennen, bei denen ich mich nicht profilieren muss. Warum sollte ich jetzt Energie darauf verschwenden, irgendwelche Leute kennenzulernen, die ich bald eh nie wiedersehen werde, weil wir uns in ganz Deutschland und sogar Europa verteilen werden?
Im Laufe des Masterstudiums und der Ausbildung lernte ich dann aber, was mir Freundschaft wirklich bedeutet:

Freundschaft misst sich nicht daran, wie lange man sich schon kennt oder wieviele Kilometer einander trennen. Es geht nicht darum, dass man sich täglich nach dem Befinden erkundet und sauer wird, sobald sich jemand mal eine Woche nicht meldet. Es ist egal, ob man sich aus der Schule, aus dem Büro, aus dem Supermarkt oder aus der Disko kennt.
Freundschaft bedeutet für mich Vertrauen. Sicherheit. Einander vorbehaltlos annehmen. Vertrauen und Sicherheit kann man nicht anordnen oder festlegen. Man fühlt es einfach. Es kommt vor, dass man dieses Gefühl bei bestimmten Leuten irgendwann nicht mehr hat. Das Mädel, was ich quasi gestern noch als beste Freundin bezeichnet habe, weiß vielleicht noch gar nichts von meiner aktuellen Gefühlslage. Aber das ist okay. Niemand muss sich dafür rechtfertigen, wem er sich wann anvertraut.
Freundschaft bedeutet für mich die Gewissheit, dass es jemanden gibt, der für mich da ist. Mit dem ich gemeinsam lachen und weinen kann. Den ich einfach mal anschweigen kann, ohne dass es sich komisch anfühlt. Bei dem ich mich nie unwohl und ungewollt fühle. Der immer ehrlich zu mir ist. Bei dem ich mir sicher sein kann, dass Dinge, die zwischen uns stehen, einfach beim Namen genannt werden. Und ich mich deswegen gleichzeitig frei und geborgen fühle.

Gerade realisiere ich, dass S. und ich uns noch nicht mal ein ganzes Jahr kennen. Hä? Ich kann mich schon gar nicht mehr an die Zeit erinnern, in der wir uns nicht jede alltägliche Kleinigkeit per Whatapp-Schnappschuss mitgeteilt haben, um uns gemeinsam darüber zu freuen. Aber all das ist ja auch eigentlich gar nicht wichtig. Sondern nur, dass ich genau weiß: Bei ihr bin ich ganz ich selbst. Und wenn’s drauf ankommt, ist sie für mich da.

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